Dienstag, 16. Februar 2010
...polydimensionale Wahrnehmungsverschiebungen...
02:23 |
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Corinne Wasmuth, Ohne Titel, 2009 (Ausschnitt)
Ich bin unentschlossen, hin und her gerissen zwischen Betrachtungen. Ich kann von Glück sagen, dass es eigentlich nur Gute sind. Aber, ich sollte von vorn beginnen.
Ich machte mich auf den Weg zu einem meiner Lieblingsorte in Berlin, wenn es um Ausstellungen für Moderne Kunst geht. Mit der U3 zur Endstation Krumme Lanke. Und dann kommt man an und stellt fest, dass man nun irgendwie woanders ist. Das mag ich. Außerdem muss ich jedes Mal an Horst Bosetzkys Roman Brennholz für Kartoffelschalen denken, in dem der kleine Manfred immer Straßenbahführer spielt und ebendiese Station auch für ihn als Endstation dient.
Einen kurzen Fußweg entfernt befindet sich das Haus am Waldsee. Idyllisch gelegen und fernab des hektisch und überfrachtet anmutenden Kunstbetriebs im Zentrum der Stadt. Die gezeigten Werke sind zwar genauso sehenswert, nur kommt niemand auf die Idee hier Touristenbusse und Schulklassen durch die Ausstellungen zu drängen.
Als problematisch erweisen sich gelegentlich allerdings die Räumlichkeiten, die dem kleinen Museum zur Verfügung stehen. Manchmal zweifle ich zwar auch an den großen weißen Kathedralen, die man der zeitgenössischen Kunst errichtet, aber gerade moderne und postmoderne Werke benötigen oftmals Platz und die Korrespondenz mit dem freien Raum. So wirkten Norbert Bisky's Schwanz-Lutsch-Sperma-POP-Bilder (Ausstellung im Winter 2007/2008) an diesem Ort seltsam beschnitten und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten begrenzt. Man wollte mehr Raum zum Atmen für die Werke und auch als Betrachter.
Die aktuelle Schau allerdings, ist in den Räumen perfekt aufgehoben, obschon auch diese Bilder großformatig und farbintensiv sind. Die Werke der Corinne Wasmuth (bei Meyer Riegger), einer in Argentinien aufgewachsenen Deutschen, kommen allerdings bedeutend filigraner und kleinteiliger daher. Zudem eröffnen sie sich dem Betrachter in mehreren Schritten und entwickeln dadurch eine Art Sog, dem man sich nur schwerlich zu entziehen vermag. So erscheinen die einzelnen Gemälde zunächst wie bunte, abstrakte Anhäufungen diverser Formen, die sich mit dem Näherkommen allerdings immer mehr in vertraute Ereignisse aus unserem Alltag verwandeln. Straßenkreuzungen und Polizeiautos, Schaufenster, Mülltonnen und Turnschuhträger, all das findet sich in ihren Bildern und dennoch drohen diese Dinge zeitgleich mit ihrer Entdeckung wieder zu verschwinden. Beine führen ins nichts, Straßenecken münden in völlig anders dimensionierte Bereiche und Autos lösen sich in pixeligen Straßenzügen auf, die sich wiederum in andere Dimensionen verlaufen. Die Richtung der Entwicklung ist nicht erkennbar. Ob die einzelnen Bestandteile dieser alltäglichen Fremde im Aufbau begriffen sind oder sich im Auflösungsprozess befinden bleibt daher fraglich oder setzt vielmehr diese beiden diametralen Ereignisse miteinander gleich. Wenn alles ineinander übergeht, sich auseinander entwickelt und zugleich auf diversen Ebenen funktioniert, so kommt es zu einer Verschränkung, die nicht nur eine philosophische sondern eben auch eine äußerst bildgewaltige und ästhetische Komponente in sich birgt.
Die multidimensionalen Bilderwelten, die der modernen Stadt und ihrer ständigen und unsteten Wandelbarkeit einen Spiegel vorhalten sind ab dem Jahr 2000 entstanden. Zuvor widmete sich Corinne Wasmuth allerdings auch schon der Mehrdimensionalität, jedoch in anderer Weise. Dieser Teil ihres Oeuvre ist in der Ausstellung auch zu sehen, erschien mir persönlich aber als weniger bedeutend und vielmehr als Grundlage, weswegen ich sie hier nicht genauer beleuchten werde.
Die multidimensionalen Bilderwelten, die der modernen Stadt und ihrer ständigen und unsteten Wandelbarkeit einen Spiegel vorhalten sind ab dem Jahr 2000 entstanden. Zuvor widmete sich Corinne Wasmuth allerdings auch schon der Mehrdimensionalität, jedoch in anderer Weise. Dieser Teil ihres Oeuvre ist in der Ausstellung auch zu sehen, erschien mir persönlich aber als weniger bedeutend und vielmehr als Grundlage, weswegen ich sie hier nicht genauer beleuchten werde.
Corinne Wasmuth, HGO-R.O., 2006 (Ausschnitt)
Corinne Wasmuth, Caleta Los Laureles, 2005 (Ausschnitt)
Das Haus am Waldsee zeigt diese Ausstellung noch bis zum 21. Februar.
Für alle, die die Ausstellung nicht selbst besuchen können habe ich einige zusätzliche Photos gemacht, die ich in den nächsten Tagen hochladen werde...
Argentinische Allee 30
Öffnungszeiten
Täglich 11 bis 18 Uhr
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