Mittwoch, 7. April 2010
...rakete übers haus!
01:23 |
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...ich will schon auch die Rakete übers Haus schießen!
Seit einiger Zeit hängt an meinem Kühlschrank das Bild eines resoluten Landmädchens, das nackt auf einem Moped sitzt. Eigentlich steht sie; steht inmitten weißer Landschaft. Steht ohne Füße, OHNE Landschaft an meinem Kühlschrank und blickt wütend, trotzig umher. Das einzige ihr Halt gebende, ist ihr Moped. Ich bin ein Realist, der mit dem Realismus nicht zufrieden ist. Genauso blickt einen das Mädchen an: stramme Waden, stramme Ansichten.
Gemalt wurde das Landmädchen von Maria Lassnig, einer österreichischen Künstlerin, deren Jugendlichkeit lange Zeit vor Ihrer Berühmtheit abhanden kam. Jahrzehntelang malte sie, arbeitete ab 1980 als Professorin für Malerei in Wien und wurde zur Vertreterin Österreichs bei der Biennale in Venedig. 1982 folgt die Documenta in Kassel, danach reihen sich Preise und Auszeichnungen aneinander. Geboren wurde sie allerdings 60 Jahre zuvor: 1919.
Man hat mich so lange unterbewertet, dass ich die jetzige Bewertung gar nicht bewerten kann.
Heute gilt Lassnig als eine der wichtigsten lebenden Künstlerinnen und wirkt auch in ihren jüngsten Werken so trotzig, provozierend und radikal wie das Landmädchen. Nicht zuletzt setzt sie in scharfkantiger Weise auch immer wieder ihren eigenen Körper ein (in etlichen Selbstportraits), der diesen unbedingten Aus- und Eindruck verstärkt. Sie nimmt uns mit in Krankenhäuser und letzte Lebensabschnitte, lässt uns in schmerzverzehrte Fratzen blicken und in persönlich wirkende Wunden. Gequält und ehrlich wirken diese Mischwesen aus Mensch und Empfindung, die sich zum Teil im weißen Nichts des Hintergrunds zu verlieren scheinen. Dieser Hintergrund ist bewusst gewählt, auch wenn er Unfertigkeit suggeriert. Nichts kann somit von der Erbärmlichkeit mancher Figuren ablenken; nichts kann sie ins rechte Licht rücken. Dieses nicht Vorhandensein macht die Personen erschreckend pur. Ist doch ein Hintergrund vorhanden, so ist er oftmals unangenehm farbig, in grellem gelb oder grün gehalten. Seltener sind tiefschwarze Nächte.
Wenn man nichts sagt, glauben sie man hätte nichts zu sagen.
Gemalt wurde das Landmädchen von Maria Lassnig, einer österreichischen Künstlerin, deren Jugendlichkeit lange Zeit vor Ihrer Berühmtheit abhanden kam. Jahrzehntelang malte sie, arbeitete ab 1980 als Professorin für Malerei in Wien und wurde zur Vertreterin Österreichs bei der Biennale in Venedig. 1982 folgt die Documenta in Kassel, danach reihen sich Preise und Auszeichnungen aneinander. Geboren wurde sie allerdings 60 Jahre zuvor: 1919.
Man hat mich so lange unterbewertet, dass ich die jetzige Bewertung gar nicht bewerten kann.
Heute gilt Lassnig als eine der wichtigsten lebenden Künstlerinnen und wirkt auch in ihren jüngsten Werken so trotzig, provozierend und radikal wie das Landmädchen. Nicht zuletzt setzt sie in scharfkantiger Weise auch immer wieder ihren eigenen Körper ein (in etlichen Selbstportraits), der diesen unbedingten Aus- und Eindruck verstärkt. Sie nimmt uns mit in Krankenhäuser und letzte Lebensabschnitte, lässt uns in schmerzverzehrte Fratzen blicken und in persönlich wirkende Wunden. Gequält und ehrlich wirken diese Mischwesen aus Mensch und Empfindung, die sich zum Teil im weißen Nichts des Hintergrunds zu verlieren scheinen. Dieser Hintergrund ist bewusst gewählt, auch wenn er Unfertigkeit suggeriert. Nichts kann somit von der Erbärmlichkeit mancher Figuren ablenken; nichts kann sie ins rechte Licht rücken. Dieses nicht Vorhandensein macht die Personen erschreckend pur. Ist doch ein Hintergrund vorhanden, so ist er oftmals unangenehm farbig, in grellem gelb oder grün gehalten. Seltener sind tiefschwarze Nächte.
Wenn man nichts sagt, glauben sie man hätte nichts zu sagen.
Ohnehin regen die Bilder, die aktuell im zum Lehnbachhaus gehörenden Kunstbau in München zu sehen sind, gelegentlich zum wegsehen an. Ihnen wohnt ein Mitteilungsbedürfnis inne, das unbarmherzig erscheint, nicht zuletzt, wenn uns fettleibige Männer als Kinderschänder und Sportsmaster präsentiert werden. Lassnigs Kunst hat nichts Gefälliges und dennoch verzichtet sie auf ausschließlich effekthascherische Methoden. Sie berührt uns mit Wesentlichem, ein Aspekt, der der zeitgenössischen Kunst gelegentlich abhanden gekommen zu sein scheint.
Wenn ich male, ist so gut wie alles erlaubt. Das Peinliche ist die Herausforderung, ich will Peinliches malen.
Wenn ich male, ist so gut wie alles erlaubt. Das Peinliche ist die Herausforderung, ich will Peinliches malen.
Maria Lassnig, via Lea Loves.
Mehr Bilder finden sich übrigens im blog Lea Loves., der wohl bekanntesten Münchner Bloggerin Lea Rieck, die sich ansonsten zumeist mit Mode und deren Spielarten beschäftigt, sich selbst photographiert und schöne Reisebilder schießt...und immer wieder Tipps für einen Besuch in München bereithält.
Es gibt zu wenig Wörter, deshalb zeichne ich ja.
(Alle Zitate stammen von Maria Lassnig und sind dem Katalog zur Ausstellung entnommen)
Kuratoren: Helmut Friedel / Matthias Mühling
STÄDTISCHE GALERIE IM LENBACHHAUS UND KUNSTBAU MÜNCHEN
Luisenstraße 33
80333 München
Telefon +49 89 233 32 00 0
Fax +49 89 233 32 00 3/4
PUBLIKATION
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Distanz Verlag, 144 Seiten, reich bebildert, mit Essays in deutscher und englischer Sprache von Helmut Friedel, Matthias Mühling und Jennifer Higgie sowie einer Epistel von Durs Grünbein.
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